FGM-Koordinationsstelle – Kompetenzzentrum Österreich

Kerstin Bohner stellt in Ihrem Artikel die mit Jänner 2022 gegründete österreichweite FGM-Koordinationsstelle vor. Mit "Female Genital Mutilation/Cutting (FGM/C)" wird die weibliche Genitalverstümmelung bezeichnet.

Die Koordinationsstelle ist ein Zusammenschluss des Frauengesundheitszentrums FEM Süd, dem Österreichischen Roten Kreuz, den Frauengesundheitszentren Linz und Salzburg und dem MEN Männergesundheitszentrum.

Mit der FGM-Koordinationsstelle werden die langjährige Arbeit von FEM Süd gegen FGM/C und die beiden ÖIF-geförderten Projekte "Intact Experts" (FEM Süd) und "WomEn CARE - WECARE" (ÖRK) zusammengeführt und nun durch das Bundekanzleramt vollfinanziert.

Autorin: Kerstin Bohner, MA, Studium der Politikwissenschaft und Internationalen Entwicklung mit Schwerpunkt Gender und Gesundheit. Seit 2019 beim Österreichischen Roten Kreuz im Bereich Gesundheit- und Soziale Dienste mit Schwerpunkt auf Projekten zur Gewaltprävention. Seit 2021 Projektleitung der FGM-Koordinationsstelle für das ÖRK.

Thema Juni 2022

Mit Jänner 2022 hat die österreichweite FGM-Koordinationsstelle ihre Arbeit aufgenommen. Sie ist ein Zusammenschluss des Frauengesundheitszentrums FEM Süd, dem Österreichischen Roten Kreuz, den Frauengesundheitszentren Linz und Salzburg und dem MEN Männergesundheitszentrum.

Mit der FGM-Koordinationsstelle werden die langjährige Arbeit von FEM Süd gegen FGM/C und die beiden ÖIF-geförderten Projekte "Intact Experts" (FEM Süd) und "WomEn CARE - WECARE" (ÖRK) zusammengeführt und nun durch das Bundekanzleramt vollfinanziert.

Mit "Female Genital Mutilation/Cutting (FGM/C)" wird die weibliche Genitalverstümmelung und somit das Einschneiden, Wegschneiden, Verändern und/oder Nähen von Klitoris, Klitorisvorhaut und der inneren und/oder äußeren Schamlippen bezeichnet. FGM/C ist eine Form geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und Mädchen mit gravierenden langfristigen gesundheitlichen Folgen.

Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO sind jährlich rund drei Millionen Mädchen dem Risiko von FGM/C ausgesetzt und weltweit gibt es über 200 Millionen Betroffene, von denen mindestens 44 Millionen jünger als 15 Jahre sind.

Aufgrund der Migrationsbewegungen der vergangenen Jahre ist auch in Österreich die Anzahl der von FGM/C betroffenen oder gefährdeten Mädchen und Frauen angestiegen. Schätzungen zufolge leben ca. 6.000 bis 8.000 von FGM/C betroffene Frauen in Österreich, die Dunkelziffer dürfte aber deutlich höher liegen. Weibliche Genitalverstümmelung ist in Österreich gesetzlich verboten, sie erfüllt den Tatbestand der schweren Körperverletzung und gilt als grobe Menschenrechtsverletzung.

Das Schaffen von Verständnis, Aufklärung und Bewusstseinsbildung sind zentrale Bestandteile einer Effektiven Arbeit gegen FGM/C. Ziel der FGM-Koordinationsstelle ist es daher, eine Anlaufstelle für Hilfesuchende, Expertinnen/Experten, Fachkräfte und Communities zu sein und alle Akteur:innen miteinander zu vernetzen.

Die FGM-Koordinationsstelle bietet kostenlose telefonische Beratung über ein österreichweites Infotelefon, an das sich sowohl betroffene und gefährdete Frauenaber auch Fachkräfte, Expert:innen oder Interessierte wenden können, die Unterstüzung oder Informationen zum Thema FGM/C benötigen.

HinweisHinweis

Infotelefon: +43 1 267 7 267 
Erreichbar: Montag bis Donnerstag von 9 bis 16 Uhr und Freitag von 9 bis12 Uhr 

Neben dem allgemeinen Infotelefon bietet die FGM-Koordinationsstelle auch persönliche Beratung vor Ort an: In Wien, Graz, Innsbruck, Linz und Salzburg gibt es kostenlose Anlaufstellen für von Gewalt und FGM/C Betroffene und Gefährdete, in denen Informationen, Unterstützung und vertrauliche Einzelberatung in medizinischer, psychologischer und rechtlicher Hinsicht angeboten wird.

Sehr häufig wenden sich Frauen und Mädchen, die von FGM/C betroffen sind, an allgemeine Beratungsstellen oder medizinische oder pädagogische Einrichtungen – oft aus anderen Gründen, die vordergründig nichts mit FGM/C zu tun haben. Die Sensibilisierung des Fachpersonals ist für den Umgang mit solchen Fällen außerordentlich wichtig.

Daher bietet die FGM-Koordinationsstelle neben der Beratung für Betroffene und Gefährdete auch Schulungen für Fachkräfte an, die in ihrem beruflichen Alltag mit Bedrohten oder Betroffenen in Kontakt kommen können (z. B. Angehörige von Gesundheits- und Sozialberufen, pädagogische Fachkräfte etc.). Bei den Schulungen stehen die Wissensvermittlung und Sensibilisierung zum Thema FGM/C im Vordergrund, sowie Handlungsempfehlungen für den persönlichen Umgang mit (potenziell) betroffenen Frauen und Mädchen. Kultursensibles Wissen über die Hintergründe zu FGM/C soll Fachkräften eine informierte Begegnung mit betroffenen Menschen auf Augenhöhe ermöglichen.

Essenziell für die Arbeit der FGM-Koordinationsstelle ist außerdem die Zusammenarbeit von und mit Personen aus betroffenen Communities. Workshops für betroffene oder gefährdete Frauen und Mädchen, aber auch für Männer aus Communities mit hohem Vorkommen von FGM/C in den Herkunftsländern, sollen präventiv zur Sensibilisierung, Aufklärung und Enttabuisierung des Themas beitragen.

Rückfragenhinweis:
Kerstin Bohner
Österreichisches Rotes Kreuz
E-Mail: Kerstin.Bohner@roteskreuz.at
Telefon: +43 1 589 00-109

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