Die Bedeutung der Frauen- und Mädchenberatungsstellen für den Gewaltschutz in Österreich

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Das Netzwerk österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen ist ein Dachverband von 60 Einrichtungen in ganz Österreich, die Frauen und Mädchen in privaten und beruflichen Angelegenheiten beraten. Auch bei Gewalterfahrungen sind die Beratungsstellen oft die erste Anlaufstelle.

Gewalt ist dabei häufig hinter anderen Problemen versteckt oder sie wird nicht sofort als solche erkannt. Egal, ob bei einem Workshop zur Lehrstellensuche oder wenn Frauen mit Gesundheitsproblemen kommen oder wenn eine Delogierung droht.

Im Hintergrund steht in vielen Fällen eine Gewaltgeschichte. Parallel und in Ergänzung zu anderen Gewaltschutzeirichtungen spielen Frauen- und Mädchenberatungsstellen eine zentrale Rolle im Gewaltschutz. Der nachfolgende Artikel dient der Veranschaulichung der besonderen Aufgabe von Frauen- und Mädchenberatungsstellen in diesem Bereich.

Autorin: Christine Erlach, Mädchenzentrum Klagenfurt

Thema September 2020

Häusliche und sexualisierte Gewalt sind selten einmalige, klar abgrenzbare Ereignisse. Meistens sind Gewaltvorfälle in einen längeren Verlauf mit komplexer Psychodynamik eingewoben. Betroffene Frauen und Mädchen brauchen Unterstützung im gesamten Verlauf von Gewalt:

  1. Aufklärung und Prävention
  2. Intervention in Akutfällen
  3. Nachsorge

Frauen- und Mädchenberatungsstellen erbringen in allen 3 Phasen wesentliche Leistungen. Sie arbeiten bereits im Vorfeld niederschwellig, präventiv und ganzheitlich, setzen in Akutfällen die notwendigen Schritte und unterstützen gezielt in der Nachsorge.

Aufklärung und Prävention

Frauen- und Mädchenberatungsstellen unterstützen mit Niederschwelligkeit Häusliche und sexualisierte Gewalt sind psychodynamisch meist mit Scham und Tabus besetzt. Das macht es für betroffene Frauen und Mädchen umso schwerer, gezielt Hilfe zu holen.

Der niederschwellige Zugang zu Frauen- und Mädchenberatungsstellen ist deshalb besonders wichtig: Frauen und Mädchen können mit verschiedensten Themen - von "Arbeit bis Gesundheit" - in die Beratung kommen, an Workshops oder Vorträgen teilnehmen, können langsam Vertrauen zu ihrer Beraterin finden - und trauen sich vielleicht in der Beratung zum ersten Mal, das, was ihnen passiert, auch konkret als Gewalt zu benennen. Denn sie begegnen Beraterinnen, die zum Thema Gewalt geschult und sensibilisiert sind, sie behutsam begleiten und konkrete Hilfestellung leisten.

Akutphase

Frauen- und Mädchenberatungsstellen unterstützen mit Überblick

Die Anzeige eines Gewalt-Vorfalls bringt mit sich, dass zahlreiche Stellen und Instanzen involviert werden:

  • Polizei,
  • Gericht,
  • evtl. Jugendamt,
  • Anwälte/Anwältiinnen,
  • Prozessbegleitung,
  • Besuchsbegleitung,
  • etc.

Betroffene Frauen und Mädchen sind hier sehr gefordert, den Überblick zu behalten, die verschiedenen Abläufe aufeinander abzustimmen und gleichzeitig der hohen psychischen Belastung standzuhalten.

In dieser Phase ist die Unterstützung durch ganzheitliche Beratung in der Frauen- und Mädchenberatungsstelle eine besonders wichtige Ressource - hier hat alles Platz, hier kann gemeinsam geordnet werden, hier gibt es offene Ohren für alle Aspekte der aktuellen Lebenssituation.

Nachsorge

Frauen- und Mädchenberatungsstellen unterstützen langfristig

Wenn die akute Krise vorbei ist, brauchen gewaltbetroffene Frauen und Mädchen Unterstützung, um wieder Fuß zu fassen und langfristig eine gewaltfreie Lebenssituation für sich und gegebenenfalls für ihre Kinder schaffen zu können. Auch diese Unterstützung muss ganzheitlich sein: Nötig sind sowohl sozialarbeiterische als auch psychosoziale sowie oft auch konkrete psychotherapeutische Angebote.

Die Vielfalt der Kompetenzen in den Frauen- und Mädchenberatungsstellen stellt sicher, dass betroffene Frauen und Mädchen auch langfristig die individuell richtige Unterstützung bekommen können.

Um umfassenden Gewaltschutz in Österreich gewährleisten zu können, braucht es eine Auswahl an Angeboten für Frauen- und Mädchenberatungsstellen, damit diese gewaltbetroffene Frauen und Mädchen in allen drei Phasen gezielt unterstützen können.

Die dafür nötigen Angebote sind:

  • Niederschwelliges Beratungs- und Workshop-Angebot zu unterschiedlichsten Frauen- und Mädchenthemen, um einen einfachen Zugang und eine unkomplizierte Inanspruchnahme sicherzustellen
  • Psychosoziale Beratungsangebote in unterschiedlicher Intensität und Frequenz, individuell angepasst an aktuelle Bedürfnisse der betroffenen Frauen und Mädchen
  • Zeit-Ressourcen für Vernetzung und Koordination mit anderen involvierten Stellen und Instanzen
  • Langfristig verfügbares Beratungs- und Therapieangebot von vielseitig geschulten Mitarbeiterinnen (Sozialarbeiterinnen, Psychosoziale Beraterinnen, Psychotherapeutinnen)

Weiterführende Informationen