Delikte
§ 83 Strafgesetzbuch (StGB) – Körperverletzung
§ 83 StGB idgF (RIS)
idF BGBl I 2019/105
§ 83 ist die grundlegende Bestimmung zur Bestrafung der Verletzung eines anderen Menschen. Es geht dabei um Verletzungen am Körper, wobei es nicht von Bedeutung ist, wodurch diese ausgelöst werden. Ursache können beispielsweise Schläge, Stöße oder Tritte sein, aber auch der Einsatz von Gegenständen als Waffe, wie etwa Stiche mit einem Messer. Unter Verletzungen werden beispielsweise Wunden, Knochenbrüche, Schwellungen, Verrenkungen oder der Verlust eines Zahnes verstanden. Wenn es sich allerdings nur um eine leichte, vorrübergehende Beeinträchtigung (etwa eine rote Wange nach einer Ohrfeige) handelt, ist das von § 83 grundsätzlich nicht umfasst.
Neben Verletzungen stellt § 83 auch Gesundheitsschädigungen unter Strafe. Darunter wird das Herbeiführen (oder auch das Verschlimmern) einer Erkrankung verstanden. Beispielsweise handelt es sich um Gesundheitsschädigungen, wenn jemand vergiftet oder mit einer ansteckenden Krankheit infiziert wird. Umfasst sind hier aber auch seelische Leiden, wenn sie medizinischen Krankheitswert haben (während ein Zustand "normaler" Angst oder Trauer nicht darunter fällt).
Bei § 83 handelt es sich um ein Vorsatzdelikt. Anders als man annehmen könnte, bedeutet vorsätzliches Handeln allerdings nicht, dass es der Person gerade darauf ankommen muss, eine Verletzung herbeizuführen. Das österreichische Strafrecht geht von einem vorsätzlichen Handeln aus, wenn jemand eine bestimmte Konsequenz (bei § 83 eine Verletzung am Körper) ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet. Denkt sich also der:die Täter:in im Moment des Zuschlagens "Kann schon sein, dass es zu einer Verletzung kommt, aber das ist mit auch egal", dann handelt es sich um eine vorsätzliche Tat. Die Regelung des Absatz 1 unterscheidet sich hier von Absatz 2. Bei Absatz 1 muss sich der Vorsatz wirklich auf die Verletzung richten.
Bei Absatz 2 richtet sich der Vorsatz hingegen nicht auf die Verletzung selbst, sondern nur auf eine sogenannte Misshandlung. Darunter wird verstanden, wenn jemand durch eine Handlung (z. B. einen Stoß oder Schubser) auf den Körper eines anderen Menschen physisch einwirkt und das Opfer dadurch in seinem körperlichen Wohlbefinden beeinträchtigt wird. Der Vorsatz muss sich bei Absatz 2 nur auf die Misshandlung beziehen. Strafbar wird die Person allerdings erst dann, wenn es aufgrund dieser Misshandlung zu einer Verletzung kommt. Stößt der:die Täter:in also eine andere Person von sich weg, so dass das Opfer stürzt und sich dabei eine Platzwunde holt (worauf der:die Täter:in keinen Vorsatz hatte), kommt es zu einer Strafbarkeit nach Absatz 2.
Schließlich sieht Absatz 3 eine höhere Strafdrohung vor, wenn bestimmte Personen Opfer einer Körperverletzung werden. Hierbei handelt es sich einerseits um Personen, die in öffentlichen Verkehrsmitteln als Fahrer:innen oder Schaffner:innen tätig sind, beispielweise in der Bahn, in Bussen oder der Straßenbahn. Andererseits betrifft Absatz 3 Personen, die im Gesundheits- und Rettungswesen arbeiten, wie beispielsweise Ärzt:innen, Krankenpfleger:innen, Hebammen, Apotheker:innen, aber auch Personen, die in der Verwaltung eines Krankenhauses tätig sind. Außerdem sind Personen umfasst, die bei der Feuerwehr arbeiten. Die höhere Strafdrohung des Absatz 3 kommt aber nur dann zur Anwendung, denn die Körperverletzung während oder wegen der Ausübung der geschützten Tätigkeit beispielsweise als Busfahrer oder Ärztin erfolgt.
§ 84 StGB – Schwere Körperverletzung
§ 84 StGB idgF (RIS)
idF BGBl I 2015/154
§ 84 baut auf § 83 auf und regelt auch Strafbarkeiten in Zusammenhang mit Körperverletzungen. Allerdings sind hier durchwegs höhere Strafdrohungen vorgesehen als bei § 83, entweder weil die Tat mit schwerwiegenderen Folgen verbunden ist (Absätze 1, 4), weil nur bestimmte Opfer betroffen sind, die besonders schützenswert sind (Absatz 2), weil es sich um mehrere Taten handelt (Absatz 3) oder weil die Verletzung auf besonders schwerwiegende Art und Weise begangen wird (Absatz 5). Auch hier gilt wieder, dass es keine besondere Vorgabe dafür gibt, welche Handlungen zu der Verletzung führen, so dass beispielsweise schlagen, treten, stoßen oder der Einsatz von Waffen umfasst sind.
Absatz 1 und Absatz 4 regeln Situationen, in denen der:die Täter:in entweder eine Misshandlung oder eine Verletzung des Opfers herbeiführt (jeweils mit entsprechendem Vorsatz, siehe bei § 83) und es sich um eine schwerwiegendere Verletzung als bei § 83 handelt. Einerseits sind Situationen umfasst, bei denen das Opfer eine mehr als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit davonträgt. Hierbei kommt es nicht darauf an, wie lange jemand im Spital sein muss oder krankgeschrieben ist, sondern ob die negativen Nachwirkungen auf den Körper noch vorhanden sind. Das kann beispielsweise mit der Tragezeit eines Gipses zusammenhängen. Berufsunfähig ist jemand dann, wenn eine Ausübung der beruflichen Tätigkeit gar nicht möglich ist oder nur unter unzumutbaren Belastungen möglich wäre. Andererseits ist die Rede von "an sich schweren Körperverletzungen". Darunter werden unterschiedliche Formen von Verletzungen verstanden, bei denen man annimmt, dass sie besonders schwerwiegend und beeinträchtigend sind. Beispielsweise ist ein Knochenbruch meistens eine an sich schwere Verletzung (außer bei ganz kleinen Knochen, wie z. B. einer Zehe), außerdem eine Gehirnerschütterung, die mit einer Beeinträchtigung der Erinnerung verbunden ist, oder auch sehr große und tiefgehende Wunden. Auch schwerwiegende psychische Beeinträchtigungen, wie eine schwere Depression oder eine posttraumatische Belastungsstörung können als an sich schwere Verletzungen bewertet werden. Außerdem müssen mehrere Verletzungen, die aus einer Straftat stammen, gemeinsam bewertet werden. Selbst dann, wenn jede davon für sich genommen nur eine einfache Körperverletzung ist, können sie gemeinsam betrachtet eine schwere Verletzung darstellen.
Absatz 2 sieht eine erhöhte Strafdrohung vor, wenn bestimmte Personen während oder wegen der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit oder Rolle Opfer einer Körperverletzung werden. Geschützt werden hier Beamt:innen, Zeug:innen und Sachverständige. Bei Beamt:innen handelt es sich beispielsweise um Polizist:innen, Staatsanwält:innen oder Richter:innen, aber auch um Personen, die bei anderen Behörden tätig sind oder Mitglieder der Regierung auf Bundes- und Landesebene. Zeug:innen sind jene Personen, die im Zuge eines Verfahren vor Gericht oder vor einer Verwaltungsbehörde Auskunft geben müssen, weil sie über den Sachverhalt etwas wissen, das den Behörden bei der Aufklärung helfen kann. Sachverständige wirken an diesen Verfahren aufgrund ihrer besonderen Kenntnisse als Expert:innen mit.
Begeht jemand mehrere voneinander unabhängige Taten, droht nach Absatz 3 eine höhere Strafe, wenn es sich dabei um mindestens drei Verletzungen handelt, die einerseits ohne begreiflichen Anlass gesetzt wurden (also beispielsweise ohne jegliche Provokation, sondern nur aus der Laune des:der Täter:in heraus) und andererseits mit erheblicher Gewalt begangen werden. Dabei wird beispielsweise darauf geachtet, ob die Tat unter Einsatz von viel Kraft ausgeübt wird und gegen empfindliche und wesentliche Körperteile gerichtet ist. So handelt es sich etwa bei starken Faustschlägen oder Tritten gegen den Körper um erhebliche Gewalt, ebenso wie bei Schlägen ins Gesicht. Körperbau und Kraft von Täter:in und Opfer werden hier berücksichtigt.
Schließlich sieht Absatz 5 drei Fälle vor, die besonders gefährlich oder beeinträchtigend sind und deswegen mit einer höheren Strafe bedroht sind. Einerseits handelt es sich hierbei um das Zufügen einer Verletzung auf eine Weise, die mit Lebensgefahr verbunden ist. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn eine Schusswaffe genutzt wird oder das Opfer so stark und lange gewürgt wird, dass davon Lebensgefahr ausgeht. Andererseits umfasst Absatz 5 Fälle, in denen mindestens drei Personen an der Verletzung beteiligt sind, wobei es darauf ankommt, dass sie für die Tat zusammenwirken. Es müssen somit nicht bspw alle drei auf das Opfer einschlagen, sondern es genügt, wenn zwei Personen das Opfer festhalten und eine dritte Person die Verletzung zufügt. Schließlich sind hier auch Situationen umfasst, bei denen die Verletzung unter besonderen Qualen zugefügt wird. Das kann beispielsweise durch den Einsatz besonders quälender Methoden ausgelöst werden (bspw das Verbrennen mit glühenden Zigaretten) oder durch das Auslösen von besonderen Qualen beim Opfer in Form von Todesangst.
§ 85 StGB – Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen
§ 85 StGB idgF (RIS)
idF BGBl I 2019/105
§ 85 stellt jene Fälle unter Strafe, in denen das Opfer aufgrund der Verletzung für den Rest seines Lebens oder eine sehr lange Zeit Beeinträchtigungen erlebt. Wie bei § 83 wird zwischen jenen Fällen unterschieden, in denen der:die Täterin nur Vorsatz auf die Misshandlung, nicht aber auf die Verletzung selbst hatte (Absatz 1), und jenen Situationen, in denen sich der Vorsatz auch auf die Verletzung bezogen hat (Absatz 2).
Es ist nicht genau festgelegt, was unter "langer Zeit" zu verstehen ist, das muss in jedem Fall einzeln beurteilt werden. Hierbei kommt es auch auf das Alter des Opfers an und darauf, dass ein großer Teil seines Lebens (gemessen an der durchschnittlichen Lebenserwartung) durch die Verletzungsfolgen beeinträchtigt sein wird. So hat bspw ein Gericht entschieden, dass eine drei Jahre dauernde Berufsunfähigkeit bei einem 40 Jahre alten Mann keine schwere Dauerfolge war. Ist es aus medizinischer Sicht wahrscheinlich, dass eine Heilung des Zustandes mit der Zeit eintreten wird, ist § 85 nicht erfüllt.
§ 85 umfasst mehrere Formen dauerhafter Schädigungen. So ist hinsichtlich der Sprache beispielsweise an dauerhaftes Stottern als Folge der Verletzung zu denken. Hierfür kann auch eine psychische Beeinträchtigung als Grund in Frage kommen. Die Sehkraft ist bereits dann erheblich beeinträchtigt, wenn nur ein Auge stark verletzt wird, indem etwa dessen Sehkraft um 50 % reduziert ist. Auch bei der Gehörschädigung ist die Verletzung der Hörfähigkeit eines Ohres ausreichend. In beiden Fällen ist es nicht von Bedeutung, ob die Verletzung durch den Gebrauch einer Brille oder eines Hörgerätes ausgeglichen werden kann, entscheidend ist nur die Schädigung. Bei der Fortpflanzungsfähigkeit geht es darum, ein Kind zu zeugen und auf die Welt zu bringen. Die Fähigkeit, Geschlechtsverkehr zu haben, ist hier nicht gemeint. Vielmehr geht es beispielsweise um den Verlust eines Hodens oder auch um ein aufgrund traumatischer Beeinträchtigungen erhöhtes Risiko, Kinder zu verlieren.
Unter einer erheblichen Verstümmelung wird bspw der Verlust eines Armes oder Beines verstanden. Auch dann, wenn der Verlust eines Körperteils im bekleideten Zustand nicht sofort sichtbar ist, kann es sich um eine Verstümmelung handeln, etwa dann, wenn eine Frau eine Brust verliert. Als auffallende Verunstaltung wird beschrieben, wenn die äußere Erscheinung des Opfers aufgrund der Verletzung nachhaltig negativ beeinträchtigt ist. Hiervon umfasst sind beispielsweise Narben im Gesicht, aber auch das dauerhafte Hinken einer Person.
Ziffer 2a hält fest, dass es sich bei Genitalverstümmelungen jedenfalls um schwere Dauerfolgen einer Verletzung handelt. Hiervon umfasst sind all jene Vorgänge, die geeignet sind, das sexuelle Empfinden nachhaltig zu beeinträchtigen. Es geht daher nicht um die in manchen Religionen übliche männliche Beschneidung, die keine dauerhafte Beeinträchtigung des sexuellen Erlebens erzeugt. Vielmehr soll hier jegliche Art weiblicher Genitalverstümmelung wie die Beschneidung, Entfernung oder sonstige Verletzung der Klitoris unter Strafe gestellt werden.
Der Begriff des ‚schweren Leiden‘ beschreibt eine Schädigung an Gesundheit und Wohlbefinden, durch die das gesamte Leben beeinträchtigt ist, wie beispielsweise eine Verletzung des Gehirns, die mit epileptischen Folgen verbunden ist. Siechtum umschreibt eine dauerhafte Erkrankung, bei der keine Besserung zu erwarten ist und die die Lebensqualität stark vermindert, also etwa eine durchgehende Pflegebedürftigkeit des Opfers.
§ 99 StGB – Freiheitsentziehung
§ 99 StGB idgF (RIS)
idF BGBl 1974/60
§ 99 StGB schützt die Freiheit, sich dahin zu bewegen, wo man möchte, wobei nur unter Strafe gestellt wird, wenn jemand einen bestimmten Raum nicht verlassen kann, nicht aber, wenn jemand einen bestimmten Raum nicht betreten darf. Wodurch jemand am Verlassen gehindert wird ist irrelevant. Es kann sich also um das Abschließen der Türe handeln, um den Einsatz körperlicher Gewalt, um eine Drohung, dass das Verlassen des Raumes mit schwerwiegenden Konsequenzen für das Opfer verbunden wäre oder um den Einsatz von Betäubungsmitteln. Ist eine Person für ihre Fortbewegung auf Hilfsmittel angewiesen (bspw ein Rollstuhl oder ein Stock), so stellt es eine Freiheitsentziehung dar, der Person dieses Hilfsmittel wegzunehmen. Das Entziehen der Freiheit "auf andere Weise" umschreibt Situationen, in denen jemand zwar nicht in einem bestimmten Raum festgehalten, aber auch andere Art daran gehindert wird, sich frei zu bewegen, beispielsweise indem die Person an einem Baum festgebunden wird. Nicht umfasst sind hingegen Situationen, in denen jemand für ganz kurze Zeit unwesentlich in seiner Bewegungsfreiheit beschränkt wird, etwa indem man jemandem kurz am Arm festhält.
Keine Freiheitsentziehung liegt vor, wenn die betroffene Person mit der Einschränkung einverstanden ist. Außerdem gibt es verschiedene Situationen, in denen die Einschränkung der Freiheit eines anderen gerechtfertigt ist, beispielsweise im Rahmen von Amts- und Dienstpflichten (z. B. wenn jemand richtigerweise in Untersuchungshaft genommen wird) oder im Rahmen einer Notwehr.
Eine höhere Strafdrohung ist vorgesehen, wenn der Freiheitsentzug sehr lange dauert (konkret länger als ein Monat), wenn er für das Opfer mit besonderen Qualen verbunden ist (beispielsweise dem Einschließen in einer engen Kiste oder mehrstündiges Fesseln, Kleben und Verbinden der Augen) oder wenn dem Opfer daraus besonders schwere Nachteile erwachsen (z. B. langfristige körperliche Beeinträchtigungen oder Schmerzen).
§ 105 StGB – Nötigung
§ 105 StGB idgF (RIS)
idF BGBl I 2015/112
Die Nötigung beschreibt Situationen, in denen das Opfer gegen seinen Willen eine Handlung vornimmt, etwas zulässt oder auf ein Verhalten verzichtet, weil der:die Täter:in das so möchte und es mit Gewalt oder Drohung durchsetzt.
Unter dem Begriff der Gewalt (der im Strafgesetzbuch nicht genau definiert ist), wird in der Regel verstanden, dass jemand nicht unerhebliche physische Kraft einsetzt, um eine Widerstand zu überwinden. Darunter fallen Schläge, Tritte, aber natürlich auch der Einsatz von Waffen. Auch die Betäubung des Opfers stellt Gewalt da, weil hier eine physische Kraft auf dessen Körper einwirkt. Wird keinerlei physische Kraft eingesetzt, sondern nur psychischer Druck, handelt es sich nicht um Gewalt im Sinn des Strafrechts. Reiner "Psychoterror" ist hiervon also nicht umfasst. Wird gegen einen Gegenstand Gewalt ausgeübt (zB Zerstörung einer Sache, die dem Opfer am Herzen liegt), erfüllt das ebenfalls nicht den Gewaltbegriff.
Für den Begriff der gefährlichen Drohung findet sich eine gesetzliche Definition in § 74 Abs 1 Z 5 StGB. Demnach muss der:die Täter:in mit einer Verletzung entweder am Körper, der Freiheit, der Ehre, dem Vermögen oder des höchstpersönlichen Lebensbereiches (durch Bekanntmachen von Informationen oder Bildaufnahmen) drohen und diese Drohung muss geeignet sein, bei dem Opfer begründete Besorgnis auszulösen. Entscheidend ist hier, dass die Drohung objektiv zu einer solchen Besorgnis führen kann, eine besondere Ängstlichkeit oder ein besonderer Mut des Opfers sind nicht von Bedeutung. Bei einer Drohung mit dem Bekanntmachen von Tatsachen oder Bildern des höchstpersönlichen Lebensbereichs kann es sich etwa darum handeln, dass der:die Täter:in damit droht, eine Erkrankung oder Nacktbilder des Opfers öffentlich zu machen. Die Drohung kann sich entweder gegen das Opfer selbst richten, oder gegen eine:n Angehörige:n oder auch gegen andere Personen, für die das Opfer verantwortlich ist oder zu denen ein persönliches Naheverhältnis besteht.
In manchen Situationen liegt objektiv gesehen ein nötigendes Verhalten vor, das aber trotzdem nicht strafbar sein soll. Deswegen sieht Absatz 2 hier vor, dass es zu keiner Strafbarkeit kommt. Die Formulierung "nicht den guten Sitten widerstreiten" bedeutet, dass sowohl der Zweck, auf den die Nötigung gerichtet ist, als auch das Mittel, das dafür eingesetzt wird, im Rahmen des sozial Akzeptierten liegen muss. Beispielsweise wäre hier an Situationen zu denken, in denen jemand eine Person durch eine Nötigung von einem Suizid abhält oder dem Dieb gegenüber mit einer Strafanzeige droht, wenn dieser das gestohlene Gut nicht zurückgibt.
§ 107 StGB – Gefährliche Drohung
§ 107 StGB idgF (RIS)
idF BGBl I 2015/112
Bei der gefährlichen Drohung geht es – anders als bei der Nötigung – nicht darum, dass das Opfer ein bestimmtes Verhalten setzt, sondern dass aufgrund der Drohung bei dem Opfer Angst und Unruhe entstehen kann. Nicht erforderlich ist, dass sich das Opfer tatsächlich fürchtet, sondern nur, dass die Drohung dafür geeignet ist.
Die Drohung, die der:die Täter:in ausspricht, muss erneut die Anforderungen der Definition nach § 74 Abs 1 Z 5 StGB erfüllen (siehe dazu § 105). Es muss sich somit um die Drohung einer Verletzung an Körper, Freiheit, Ehre, Vermögen oder dem höchstpersönlichen Lebensbereich (durch Bekanntmachen intimer Informationen oder Bilder) handeln. Die Art der Überbringung der Drohung ist dabei nicht relevant, sie kann also direkt ausgesprochen, geschrieben oder durch eine andere Person überbracht werden.
Höhere Strafdrohungen sind nach den Abätzen 2 und 3 vorgesehen. Gemäß Absatz 2 droht eine höhere Strafe einerseits, wenn der:die Täter:in mit bestimmten Inhalten droht, beispielsweise mit dem Tod oder mit einer Brandstiftung, andererseits dann, wenn das Opfer oder eine andere bedrohte Person für längere Zeit in einen qualvollen Zustand versetzt wird. Absatz 3 sieht dann eine höhere Strafdrohung vor, wenn die Drohung dazu führt, dass das Opfer oder eine andere, bedrohte Person sich das Leben nimmt oder versucht sich das Leben zu nehmen.
§ 107a StGB – Beharrliche Verfolgung
§ 107a StGB idgF (RIS)
idF BGBl I 2019/105
§ 107a heißt zwar "Beharrliche Verfolgung", das unter Strafe stehende Verhalten ist aber besser als "Stalking" bekannt. Es umschreibt die langandauernde, intensive und unerwünschte Kontaktaufnahme des:der Täter:in mit dem Opfer. Diese muss dazu geeignet sein, dass das Opfer in seiner Lebensführung massiv eingeschränkt ist oder Abwehrhandlungen setzen muss, wie beispielsweise das Wechseln der Telefonnummer oder gar des Wohnsitzes. Das unerwünschte Verhalten muss somit wiederholt gesetzt werden und über längere Zeit andauern (wobei der genaue Zeitraum nicht festgelegt ist und davon abhängt, wie intensiv und beeinträchtigend das Verhalten ist).
Das Strafgesetzbuch sieht verschiedene Möglichkeiten dieser Kontaktaufnahme vor. So kann es sich um das Aufsuchen der räumlichen Nähe des Opfers handeln, also beispielsweise regelmäßiges Erscheinen vor dessen Wohnungstür oder Arbeitsplatz. Erfasst sind auch Kontaktaufnahmen über Anrufe, Nachrichten, E-Mails, Briefe, Pakete oder die Kontaktaufnahme durch eine weitere Person, die dem Opfer eine Nachricht überbringt (Ziffer 2), außerdem Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für das Opfer (Ziffer 3), wenn also beispielsweise der:die Täter:in im Namen und an die Adresse das Opfers Blumen, aber auch andere Dinge bestellt. Ziffer 4 umschreibt jene Situationen, in denen der:die Täter:in für das Opfer Kontaktanzeigen schaltet oder Online-Datingprofile anlegt. Schließlich stellt Ziffer 5 unter Strafe, wenn der:die Täter:in höchstpersönliche Informationen oder Bilder des Opfers ohne dessen Zustimmung veröffentlicht, beispielsweise indem Fotos des Opfers auf der Straße rund um dessen Wohnung aufgehängt werden oder auf Plakaten an Hauswänden Informationen über das Opfer preisgegeben werden.
Eine höhere Strafdrohung ist vorgesehen, wenn die Stalking-Handlungen länger als ein Jahr ausgeübt werden oder es aufgrund dieses Verhaltens zu einem Selbstmord oder Selbstmordversuch des Opfers kommt.
§ 107b StGB – Fortgesetzte Gewaltausübung
§ 107b StGB idgF (RIS)
idF BGBl I 2019/105
§ 107b zielt vor allem auf Situationen im sozialen Nahraum ab (in der Familie, aber z. B. auch in einem Pflegeheim oder einem Internat), in dem das Opfer über längere Zeit hinweg wiederholten Gewaltakten des:der Täter:in ausgesetzt ist. Der Zeitraum ist nicht genau festgelegt, in jedem Fall ist aber davon auszugehen, dass es sich um eine Gewaltausübung über mehrere Wochen handeln muss. Je schwerwiegender die Gewalt ist, ein desto kürzerer Zeitraum genügt für eine Strafbarkeit. Jedenfalls muss es sich aber um mehrere Gewaltakte handeln, ein einmaliger Vorfall begründet keine Strafbarkeit nach § 107b.
Der Begriff der Gewalt wird in Absatz 2 erklärt, hierbei handelt es sich aber nicht um eine allgemeine Definition von Gewalt, sondern es geht nur um eine Beschreibung, was Gewalt für eine Tat nach § 107b bedeutet. Es geht darum, dass der:die Täter:in das Opfer am Körper misshandelt (also physisch auf das Opfer einwirkt und dadurch dessen körperliches Wohlbefinden beeinträchtigt, etwa durch Stöße, Tritte oder Schläge), Delikte gegen Leib und Leben begeht (beispielsweise Körperverletzungen) oder Delikte gegen die Freiheit setzt (wie z. B. Nötigungen oder gefährliche Drohungen). Gewisse Delikte gegen die Freiheit sind ausgenommen, konkret handelt es sich hierbei um die beharrliche Verfolgung (§ 107a, ‚Stalking‘), die Täuschung (§ 108) und die eigenmächtige Heilbehandlung (§ 110).
Die Absätze 3, 3a und 4 sehen höhere Strafdrohungen für verschiedene besondere Umstände vor. So ist nach Absatz 3 eine höhere Strafe vorgesehen, wenn das Opfer durch die fortgesetzte Gewaltausübung einer umfassenden Kontrolle durch den:die Täter:in oder einer massiven Einschränkung der autonomen Lebensführung unterworfen wird. Darf das Opfer beispielsweise die Wohnung nicht ohne Erlaubnis verlassen, keine Sozialkontakte pflegen und keine eigenen finanziellen Entscheidungen treffen, ist Absatz 3 erfüllt. Absatz 3a regelt einerseits Fälle, in denen eine unmündige Person (somit eine Person unter 14 Jahren), oder eine wegen Gebrechlichkeit, Krankheit oder geistiger Behinderung wehrlose Person Opfer einer fortgesetzten Gewaltausübung wird. Diese Personen sind besonders schützenswert, weshalb hier eine strengere Strafe droht. Andererseits umschreibt Absatz 3a Fälle, in denen die fortgesetzte Gewaltausübung auf qualvolle Weise begangen wird, etwa indem dem Opfer starke körperliche Schmerzen zugefügt werden, sowie Situationen, in denen es zu mehrmaligen sexuellen Übergriffen kommt.
Absatz 4 regelt Situationen, in denen die fortgesetzte Gewaltausübung, die zu einer umfassenden Kontrolle oder Einschränkung der Lebensführung des Opfers führt (Absatz 3) oder jene gegenüber einer minderjährigen oder wehrlosen Person (Absatz 3a Ziffer 1) bei dem Opfer entweder zu einer Körperverletzung mit schwerer Dauerfolge (siehe § 85) oder aber zum Tod führt. Außerdem sind jene Fälle erfasst, in denen diese Gewaltausübung für länger als ein Jahr andauert.
Wenn es aufgrund der Tat zu einer Bestrafung nach einem Delikt kommt, das mit strengerer Strafe bedroht ist als § 107b, so wird nach diesem anderen Delikt und nicht nach § 107b bestraft.
§ 107c StGB – Fortdauernde Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems
§ 107c StGB idgF (RIS)
idF BGBl I 2020/148
Der Straftatbestand des § 107c soll Betroffene davor schützen, über das Internet oder Handy von anderen in einer Weise bloßgestellt oder beleidigt zu werden, die die Lebensführung des Opfers unzumutbar beeinträchtigt. Umgangssprachlich spricht man auch von ‚Cybermobbing‘. Die Bestimmung findet sich erst seit 2016 im Strafgesetzbuch und erfasst somit eine noch recht neue Entwicklung.
Jemand macht sich nach § 107c strafbar, wenn er:sie eine andere Person entweder an der Ehre verletzt (indem etwa Beleidigungen ausgesprochen werden oder üble Nachrede geübt wird) oder Tatsachen oder Bildaufnahmen des höchstpersönlichen Lebensbereichs der betroffenen Person ohne deren Zustimmung öffentlich macht und zwar in einer Weise, die die Lebensführung des Opfers unzumutbar beeinträchtigen kann. Hierbei kann es sich beispielsweise um Nacktbilder handeln, aber auch um intime Informationen, etwa zu sexuellen Vorlieben, Erkrankungen oder religiösen Ansichten. Diese Bloßstellung muss entweder unter Nutzung eines Telekommunikationsdienstes (hierbei handelt es sich um Anrufe, SMS und andere Nachrichten) oder eines Computersystems (also beispielsweise über E-Mail, soziale Medien, etc.) erfolgen. Außerdem muss die Information oder das Bild auf diese Weise einer größeren Anzahl von Personen grundsätzlich zugänglich werden, hier geht man von einem Richtwert von zehn Personen aus. Entscheidend ist aber nicht, dass beispielsweise das Posting auch wirklich von zehn Personen gesehen wird, es kommt nur auf die Möglichkeit dazu an. Die Informationen oder Bilder müssen für längere Zeit hindurch wahrnehmbar sein, damit es zu einer Strafbarkeit kommt. Dementsprechend reicht eine einmalige Veröffentlichung aus, wenn die Inhalte in weiterer Folge nicht gleich wieder gelöscht werden.
In Absatz 2 sind verschiedene Situationen vorgesehen, die zu einer Erhöhung der Strafbarkeit führen. Dies ist einerseits der Fall, wenn die Tat zu einem Selbstmord oder Selbstmordversuch des Opfers führt. Andererseits wird es unter strengere Strafe gestellt, wenn der:die Täter:in länger als ein Jahr immer wieder entsprechende Tathandlungen setzt oder die Informationen oder Bilder für länger als ein Jahr wahrnehmbar sind.
§ 201 StGB – Vergewaltigung
§ 201 StGB idgF (RIS)
idF BGBl I 2019/105
Die Vergewaltigung stellt strafrechtlich gesehen den schwersten Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung einer Person dar. Neben § 201 gibt es noch weitere Bestimmungen, die die sexuelle Sphäre schützen sollen, wobei jeweils unterschiedliche Voraussetzungen gelten bzw unterschiedliches Verhalten unter Strafe gestellt wird. Heutzutage sind keine Einschränkungen hinsichtlich des Geschlechts von Täter:in und Opfer mehr vorgesehen. Auch macht es heute keinen Unterschied, ob ein sexueller Übergriff innerhalb einer Ehe oder zwischen bekannten oder fremden Personen passiert. Früher gab es hier Unterscheidungen. Dies zeigt, dass gerade das Sexualstrafrecht Ausdruck einer Werthaltung der Gesellschaft ist, die sich mit der Zeit verändert.
Bei der Vergewaltigung geht es um Situationen, in denen der:die Täter:in das Opfer zu einem Geschlechtsverkehr (‚Beischlaf‘) oder einer einem Geschlechtsverkehr ähnlichen Handlung zwingt. Dabei setzt der:die Täter:in mindestens eines der folgenden Mittel ein: Gewalt, das Entziehen der persönlichen Freiheit des Opfers oder eine spezifische Drohung.
Strafrechtlich wird unter dem Beischlaf das (zumindest teilweise) Eindringen des Penis in die Vagina verstanden. Daneben kann eine Vergewaltigung aber auch durch eine diesem Vorgang gleichzusetzende geschlechtliche Handlung verübt werden. Darunter wird sowohl Oral- als auch Analverkehr ebenso verstanden wie das Einführen eines Fingers, der Zunge oder eines Gegenstandes in die Vagina oder den After. Auch die Nötigung des Opfers, bestimmte sexuelle Handlungen an sich selbst vorzunehmen (beispielsweise das Einführen eines Gegenstandes in die Vagina oder den After), kann eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung darstellen.
Um zu diesem Ziel zu gelangen, wird durch den:die Täter:in mindestens eines von mehreren verbotenen Mitteln eingesetzt. So kann einerseits Gewalt gegen eine Person zum Einsatz kommen, worunter verstanden wird, dass ein gewisses Ausmaß an körperlicher Kraft eingesetzt wird, um einen tatsächlichen oder erwarteten Widerstand zu überwinden. Auch die Verabreichung betäubender Mittel fällt unter den Gewaltbegriff, wenn dies ohne das Einverständnis des Opfers geschieht. Es muss sich nicht zwangsläufig um Gewalt gegenüber dem Opfer handeln, auch das Ausüben von Gewalt gegenüber einer anderen Person, zu der das Opfer ein Naheverhältnis hat, genügt. Neben der Gewalt sieht § 201 als Mittel auch den Entzug der persönlichen Freiheit des Opfers vor, etwa indem die betroffene Person eingesperrt wird oder von mehreren Personen umringt wird, so dass sie sich nicht mehr frei bewegen kann. Schließlich kann auch eine Drohung durch den:die Täter:in eingesetzt werden, wobei es für eine Strafbarkeit nach § 201 erforderlich ist, dass mit einer gegenwärtigen Gefahr für das Leben oder die Gesundheit des Opfers oder einer ihm nahestehenden Person gedroht wird. Beispielsweise könnte die Drohung lauten, dass der Täter das Opfer windelweich schlagen würde, wenn es nicht tut, was er möchte.
Absatz 2 sieht verschiedene Fälle vor, in denen eine höhere Strafe droht, etwa wenn es aufgrund der Vergewaltigung zu einer schweren Körperverletzung (siehe § 84) oder einer Schwangerschaft des Opfers kommt. Außerdem wird die Tat strenger bestraft, wenn das Opfer dadurch für längere Zeit in einen qualvollen Zustand versetzt oder besonders erniedrigt wurde. Dies wird beispielsweise bei einer langen Fesselung und Knebelung oder einer Ejakulation in das Gesicht des Opfers angenommen. Kommt das Opfer aufgrund der Vergewaltigung zu Tode, ist eine Strafdrohung bis zu lebenslanger Freiheitsstrafe vorgesehen.
§ 202 StGB – Geschlechtliche Nötigung
§ 202 StGB idgF (RIS)
idF BGBl I 2013/116
Die geschlechtliche Nötigung nach § 202 umfasst Formen erzwungener sexueller Handlungen, die nicht als Vergewaltigung im Sinn des § 201 gewertet werden. Auch hier muss der:die Täter:in bestimmte Mittel einsetzen, um dieses Verhalten durchzusetzen, wobei diese etwas weniger eingriffsintensiv sind als nach § 201. Geschlecht von Täter:in und Opfer sind ebenso irrelevant wie die Beziehung der beiden zueinander (fremd, bekannt, in aufrechter Ehe/Partnerschaft etc.).
Bei der geschlechtlichen Handlung, die nach § 202 bestraft wird, handelt es sich um sexuelle Handlungen, die sowohl in ihrer Ausgestaltung, ihrer Intensität, als auch ihrer Dauer eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschreiten. So braucht es eine Berührung eines Körperteiles eines Menschen, der einen Teil der Sexualsphäre darstellt, vor allem die Genitalien, die weibliche Brust und der Analbereich. Eine kurzfristige (unerwünschte) Umarmung somit fällt noch nicht unter diesen Begriff, ein intensives Betasten der weiblichen Brust oder des (bekleideten) Genitalbereichs hingegen schon. In jedem Einzelfall ist hier eine Wertung zu treffen, da sämtliche Rahmenumstände berücksichtigt werden müssen.
Anders als bei der Vergewaltigung kann der:die Täter:in neben der Gewalt auch jegliche gefährliche Drohung als Mittel zum Erreichen des Zieles einsetzen. Bei der Vergewaltigung muss es sich um eine gegenwärtige Drohung gegen das Leben oder die Gesundheit des Opfers oder einer ihr nahestehenden Person handeln. Bei der geschlechtlichen Nötigung ist die Voraussetzung der Drohung auch dann erfüllt, wenn sich die Drohung beispielsweise gegen die Ehre des Opfers oder dessen Vermögen richten. Beispielsweise ist die Drohung, Nacktbilder des Opfers zu veröffentlichen, als Drohung im Sinn des § 202 ausreichend.
In der Abgrenzung zwischen der Vergewaltigung und der geschlechtlichen Nötigung kommt es daher darauf an, ob die für die Vergewaltigung spezifischen Voraussetzungen (Beischlaf oder eine gleichzusetzende Handlung, genötigt durch Gewalt gegen eine Person, Entziehung persönlicher Freiheit oder Drohung mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leben oder Gesundheit) erfüllt sind. Ist dies nicht der Fall, etwa, da eine Drohung gegen die Ehre des Opfers eingesetzt wurde, liegt eine geschlechtliche Nötigung vor.
Genau wie bei § 201 enthält auch § 202 in Absatz 2 verschiedene Ausgestaltungen und Konsequenzen der Tat, die zu einer erhöhten Strafdrohung führen, wobei erneut eine schwere Körperverletzung (siehe § 84), eine Schwangerschaft oder der Tod des Opfers einerseits sowie eine besonders qualvolle und erniedrigende Tatbegehung andererseits aufgelistet sind.
§ 205 StGB – Sexueller Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person
§ 205 StGB idgF (RIS)
idF BGBl I 2013/116
Während grundsätzlich jede Person vor einem sexuellen Übergriff geschützt werden muss, sind manche Personengruppen aufgrund bestimmter Eigenschaften besonders schutzbedürftig. Diesem Umstand tragen die §§ 205 ff Rechnung, indem sie Personen, die aufgrund ihres geistigen oder körperlichen Zustandes oder aufgrund ihres Alters nicht in der Lage sind, die Bedeutung des sexuellen Geschehens einsehen und entsprechend handeln zu können, unter besonderen Schutz vor einem Missbrauch stellen.
§ 205 stellt auf den körperlichen und psychischen Zustand des Opfers im Moment der sexuellen Handlung ab. So kann es sich einerseits um Personen handeln, die zu diesem Zeitpunkt wehrlos sind. Darunter wird verstanden, dass die Person nicht in der Lage ist, gegen ein ihr unerwünschtes Verhalten Widerstand zu leisten. Das kann auf verschiedene Umstände zurückzuführen sein, etwa weil die Person gefesselt ist, unter Drogeneinfluss steht oder schläft. Ob das Opfer den wehrlosen Zustand selbst verursacht hat (etwa durch übermäßigen Alkoholkonsum) ist nicht von Bedeutung. Andererseits werden Personen geschützt, die etwa aufgrund einer intellektuellen Beeinträchtigung oder einer psychischen Erkrankung nicht in der Lage sind, die Bedeutung des sexuellen Vorgangs zu verstehen und danach zu handeln. Dabei ist es wichtig zu betonen, dass eine intellektuelle oder psychische Beeinträchtigung keineswegs in jedem Fall die Möglichkeit einer selbstbestimmten Sexualität ausschließt (anders als dies bei Kindern der Fall ist, siehe dazu § 206ff). Vielmehr muss im Einzelfall beurteilt werden, ob die Person in der konkreten Situation den Missbrauch erkennen und sich entsprechend verhalten konnte oder nicht. Ist die betroffene Person dazu in der Lage und willigt in den sexuellen Kontakt ein, liegt kein Missbrauch vor.
Der:die Täter:in nutzt die Wehrlosigkeit oder sonstige Einschränkung der betroffenen Person aus, um entweder selbst mit ihr den Beischlaf oder eine diesem gleichzusetzende sexuelle Handlung zu vollziehen oder um das Opfer zu verleiten, den Beischlaf oder eine diesem gleichzusetzende sexuelle Handlung mit einer anderen Person zu vollziehen oder zu dulden. Weiters stellt § 205 auch unter Strafe, wenn der:die Täter:in das Opfer dazu verleitet, eine dem Beischlaf gleichzusetzende sexuelle Handlung an sich selbst vorzunehmen, damit sich der:die Täter:in oder eine andere Person an diesem Anblick sexuelle erregen oder befriedigen kann. Absatz 2 sieht eine Strafbarkeit in Bezug auf die Durchführung unerwünschter geschlechtlicher Handlungen vor. Zur Bedeutung der einzelnen Begriffe siehe § 201 und § 202.
Auch § 205 sieht in Absatz 3 jene Umstände vor, unter denen es zu einer höheren Strafdrohung kommt: schwere Körperverletzung, Schwangerschaft oder Tod des Opfers bzw eine qualvolle oder erniedrigende Tatbegehung (siehe dazu § 201).
§ 205a StGB – Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung
§ 205a StGB idgF (RIS)
idF BGBl I 2015/112
Auch in Fällen, in denen nicht die Intensität des Eingriffs einer Vergewaltigung oder geschlechtlichen Nötigung erreicht wird, soll es strafbar sein, wenn jemand gegen den Willen des Opfers eine sexuelle Handlung vornimmt. Darauf zielt § 205a ab. Strafbar macht sich der:die Täter:in, wenn er:sie den Beischlaf oder eine diesem gleichzusetzende geschlechtliche Handlung mit dem Opfer vornimmt (siehe zu den Begriffen § 201 und § 202) oder wenn er:sie das Opfer veranlasst, eine solche Handlung entweder mit einer anderen Person oder an sich selbst vorzunehmen. Dabei muss diese Handlung gegen den Willen des Opfers geschehen, wobei in irgendeiner Form zum Ausdruck gekommen sein muss, dass das Opfer das nicht möchte, etwa indem es Nein gesagt hat, abwehrende Bewegungen gemacht oder geweint hat. § 205a kommt auch dann zum Einsatz, wenn sich das Opfer in einer Zwangslage befunden hat und diese durch den:die Täter:in ausgenutzt wurde. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn sich das Opfer in einer schweren wirtschaftlichen Notsituation befindet oder an einer Suchtkrankheit leidet. Schließlich sind jene Situationen umfasst, in denen das Opfer aufgrund vorangegangener Einschüchterung den Beischlaf oder eine ähnliche Handlung erduldet. Es müssen der sexuellen Handlung somit Erfahrungen des Opfers vorausgegangen sein, die dazu führen, dass das Opfer aus Angst nicht mehr das Gefühl einer freien Entscheidungsmöglichkeit hat. Das Ausmaß einer gefährlichen Drohung muss hier aber nicht erfüllt sein und das Verhalten des:der Täter:in, das zu der Einschüchterung führt, muss nicht unmittelbar vor dem sexuellen Kontakt erfolgen. Beispielsweise kann hier an Situationen gedacht werden, in denen das Opfer zuvor Gewalttätigkeiten des:der Täter:in miterlebet hat (sich selbst oder anderen Personen gegenüber) und deswegen davon ausgeht, dass es mit negativen Konsequenzen verbunden wäre, sich gegen die Annäherung des:der Täter:in zur Wehr zu setzen. In jedem Fall muss der:die Täter:in es ernsthaft für möglich halten und sich damit abfinden, dass der Kontakt gegen den Willen des Opfers geschieht, da es sich in einer Zwangslage befindet oder eingeschüchtert ist.
Immer dann, wenn das Verhalten unter einen anderen Straftatbestand fällt, bei dem eine höhere Strafdrohung vorgesehen ist (z. B. wenn der:die Täter:in Gewalt gegen das Opfer anwendet und daher eine Vergewaltigung nach § 201 vorliegt), wird nicht nach § 205a, sondern nach der strengeren Norm bestraft.
§ 206 StGB – Schwerer sexueller Mißbrauch von Unmündigen
§ 206 StGB idgF (RIS)
idF BGBl I 2013/116
Die §§ 206 bis 208a schützen Personen, die noch nicht erwachsen sind, vor sexuellen Übergriffen, wobei es mit wenigen Ausnahmen nicht entscheidend ist, ob eine individuelle Person in ihrer Entwicklung vielleicht schon reif genug wäre für einen sexuellen Kontakt. Um den Schutz junger Menschen sicherzustellen, sieht das Gesetz strikte Altersvorgaben vor. Die §§ 206 und 207 schützen unmündige Personen, also Kinder und Jugendliche bis zu ihrem 14. Geburtstag. Das Gesetz geht davon aus, dass ein Sexualkontakt in diesem Alter jedenfalls die gesunde Entwicklung des Kindes bzw Jugendlichen stören könnte. Dementsprechend ist gesetzlich keine Möglichkeit vorgesehen, dass ein junger Mensch in einen solchen Kontakt einwilligen kann. Die Vornahme einer solchen sexuellen Handlung durch eine erwachsene Person stellt somit in jedem Fall Missbrauch dar (mit der Ausnahme der Alterstoleranzklausel nach Absatz 4).
Die verbotene Handlung wird in § 206 als das Unternehmen eines Beischlafs oder einer diesem gleichzusetzenden Handlung genannt. Das bezieht sich darauf, dass es nicht zu einem vollständigen Geschlechtsverkehr kommen muss, um eine Strafbarkeit nach § 206 auszulösen. Es genügt, dass der Penis, ein Finger oder Gegenstand die Genitalien der minderjährigen Person mit dem Ziel des Eindringens berührt, ein vollständiges Eindringen ist nicht erforderlich. Zum Begriff des Beischlafs und der gleichzusetzenden Handlung siehe § 201. Absatz 2 stellt darüber hinaus unter Strafe, wenn der:die Täter:in nicht selbst den Beischlaf mit der minderjährigen Person unternimmt, sondern diese dazu verleitet, einen solchen sexuellen Kontakt mit einer anderen Person zu haben oder sexuelle Handlungen an sich selbst vorzunehmen, damit der:die Täter:in oder eine andere Person daran sexuelle Erregung und Befriedigung erleben kann. Der:die Täter:in muss das Alter des Opfers nicht genau kennen, er:sie muss aber zumindest ernstlich für möglich halten und sich damit abfinden, dass das Opfer unter 14 Jahre alt ist.
Bei Vorliegen bestimmter Umstände erhöht sich die Strafdrohung (Absatz 3) und zwar bei Verursachung einer schweren Körperverletzung (siehe § 84) oder einer Schwangerschaft bei der unmündigen Person, dem Herbeiführen ihres Todes oder bei einer Tatbegehung in besonders qualvoller oder erniedrigender Art und Weise (siehe dazu § 201).
Absatz 4 sieht eine Straflosigkeit vor, wenn der sexuelle Kontakt einvernehmlich zwischen Personen stattfindet, die beide jugendlich und annähernd gleich alt sind. Allerdings muss die jüngere Person mindestens 13 Jahre als sein und der Altersunterschied zwischen den beiden Personen darf nicht größer als drei Jahre sein. Somit ist der sexuelle Kontakt zwischen einer 13jährigen Person und einer Person, die 14, 15 oder 16 Jahre als ist, nicht strafbar, wenn er einvernehmlich stattgefunden hat. Dies gilt allerdings wiederum nicht in jenen Fällen, in denen die 13jährige Person durch den Sexualakt schwer verletzt oder getötet wird oder es sich um eine besonders qualvolle oder erniedrigende Tat handelt.
§ 207 StGB – Sexueller Mißbrauch von Unmündigen
§ 207 StGB idgF (RIS)
idF BGBl I 2013/116
Während § 206 den schweren Missbrauch von unmündigen Personen kriminalisiert, findet sich in § 207 die Regelung bezüglich des Missbrauchs und damit für jene sexuellen Handlungen an unmündigen Personen, die nicht die Intensität des schweren Missbrauchs erreichen. Bestraft werden daher geschlechtliche Handlungen an unmündigen Personen (also Personen unter 14 Jahren) oder das Verleiten der unmündigen Person zu einer solchen Handlung mit einer anderen Person oder an sich selbst, um den:die Täter:in oder eine andere Person dadurch sexuell zu erregen oder zu befriedigen. Auch § 207 sieht eine strenge Altersgrenze von 14 Jahren vor. Bis zu diesem Alter ist eine Einwilligung des jungen Menschen in das sexuelle Geschehen nicht möglich (zur Ausnahme von Absatz 4). Der Begriff der geschlechtlichen Handlung deckt sich mit jenem zu § 202. Beispielsweise kann es sich hierbei um das intensive Betasten der Genitalien handeln, auch wenn diese bekleidet sind. Dies gilt auch für Berührungen an der (bereit entwickelten) Brust eines Mädchens. Es braucht aber in jedem Fall einen Bezug zur Geschlechtssphäre des Opfers oder des:der Täter:in, dies wird teilweise recht eng ausgelegt. So handelt es sich bei Berührungen an den Beinen, dem Bauch oder auch dem Gesäß des Opfers in der Regel nicht um geschlechtliche Handlungen im Sinn des Strafgesetzbuchs, wobei es stets auf die Gesamtsituation ankommt. Genau wie bei § 206 muss es der:die Täter:in das genaue Alter des Opfers nicht kennen, aber er:sie muss es zumindest ernstlich für möglich halten und sich damit abfinden, dass das Opfer unter 14 Jahre alt ist.
Die Umstände, die nach Absatz 3 zu einer höheren Strafdrohung führen, entsprechen jenen, die bereits bei § 206 bzw zuvor bei § 201 besprochen wurden.
Absatz 4 sieht einen Strafausschließungsgrund für sexuelle Kontakte unter Jugendlichen vor, bei denen eine Seite zwischen 12 und 14 Jahren alt ist und der Kontakt einvernehmlich erfolgt. So soll ein:e Täter:in nicht bestraft werden, wenn das Opfer mindestens 12 Jahre alt ist, der Altersunterschied zwischen Opfer und Täter:in nicht mehr als vier Jahre beträgt (also beispielsweise ein 13jähriges Opfer und ein 17jähriger Täter), das Opfer durch die Tat nicht in einen qualvollen Zustand versetzt oder erniedrigt wird und es aufgrund der Tat nicht zu einer schweren Körperverletzung (§ 84) oder dem Tod des Opfers kommt.
§ 207a StGB – Pornographische Darstellungen Minderjähriger
§ 207a StGB idgF (RIS)
neu: Fassung 2208 BlgNR 27. GP
§ 207a StGB – Bildliches sexualbezogenes Kindesmissbrauchsmaterial und bildliche sexualbezogene Darstellungen minderjähriger Personen
(1) Wer eine Abbildung oder Darstellung nach Abs. 4
1. herstellt oder
2. einem anderen anbietet, verschafft, überlässt, vorführt oder sonst zugänglich macht,
ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu drei Jahren zu bestrafen.
(1a) Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu fünf Jahren ist zu bestrafen, wer die Tat nach Abs. 1 in Bezug auf viele Abbildungen oder Darstellungen nach Abs. 4 begeht.
(2) Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu fünf Jahren ist zu bestrafen, wer eine Abbildung oder Darstellung nach Abs. 4 zum Zweck der Verbreitung herstellt, einführt, befördert oder ausführt oder eine Tat nach Abs. 1 gewerbsmäßig begeht. Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren ist zu bestrafen, wer die Tat als Mitglied einer kriminellen Vereinigung oder so begeht, dass sie einen besonders schweren Nachteil der minderjährigen Person zur Folge hat; ebenso ist zu bestrafen, wer eine Abbildung oder Darstellung nach Abs. 4 unter Anwendung schwerer Gewalt herstellt oder bei der Herstellung das Leben der dargestellten minderjährigen Person vorsätzlich oder grob fahrlässig (§ 6 Abs. 3) gefährdet.
(2a) Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren ist zu bestrafen, wer die Tat nach Abs. 2 erster Satz in Bezug auf viele Abbildungen oder Darstellungen nach Abs. 4 begeht.
(3) Wer sich eine Abbildung oder Darstellung einer mündigen minderjährigen Person nach Abs. 4 Z 3 und 4 verschafft oder eine solche besitzt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren ist zu bestrafen, wer sich eine Abbildung oder Darstellung einer unmündigen Person nach Abs. 4 verschafft oder eine solche besitzt.
(3a) Nach Abs. 3 wird auch bestraft, wer im Internet wissentlich auf eine Abbildung oder Darstellung nach Abs. 4 zugreift.
(3b) Wer die Tat nach Abs. 3 oder Abs. 3a in Bezug auf viele Abbildungen oder Darstellungen einer mündigen minderjährigen Person nach Abs. 4 begeht, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu drei Jahren zu bestrafen, jedoch mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, wenn es sich dabei auch oder ausschließlich um viele Abbildungen oder Darstellungen einer unmündigen Person nach Abs. 4 handelt.
(4) Bildliches sexualbezogenes Kindesmissbrauchsmaterial und bildliche sexualbezogene Darstellungen minderjähriger Personen sind eine oder mehrere
1. wirklichkeitsnahe Abbildungen einer geschlechtlichen Handlung an einer unmündigen Person oder einer unmündigen Person an sich selbst, an einer anderen Person oder mit einem Tier,
2. wirklichkeitsnahe Abbildungen eines Geschehens mit einer unmündigen Person, dessen Betrachtung nach den Umständen den Eindruck vermittelt, dass es sich dabei um eine geschlechtliche Handlung an der unmündigen Person oder der unmündigen Person an sich selbst, an einer anderen Person oder mit einem Tier handelt,
3. wirklichkeitsnahe Abbildungen
a) einer geschlechtlichen Handlung im Sinne der Z 1 oder eines Geschehens im Sinne der Z 2, jedoch mit mündigen Minderjährigen, oder
b) der Genitalien oder der Schamgegend Minderjähriger,
soweit es sich um reißerisch verzerrte, auf sich selbst reduzierte und von anderen Lebensäußerungen losgelöste Abbildungen handelt, die der sexuellen Erregung des Betrachters dienen;
4. bildliche Darstellungen, deren Betrachtung zufolge Veränderung einer Abbildung oder ohne Verwendung einer solchen nach den Umständen den Eindruck vermittelt, es handle sich um eine Abbildung nach den Z 1 bis 3.
(5) Nach Abs. 1, Abs. 1a, Abs. 3, Abs. 3a und Abs. 3b ist nicht zu bestrafen, wer
1. eine Abbildung einer mündigen minderjährigen Person nach Abs. 4 Z 3 mit deren Einwilligung und zu deren oder seinem eigenen Gebrauch herstellt oder besitzt oder
2. eine Darstellung einer mündigen minderjährigen Person nach Abs. 4 Z 4 zu seinem eigenen Gebrauch herstellt oder besitzt, sofern mit der Tat keine Gefahr der Verbreitung der Darstellung verbunden ist.
(6) Nicht zu bestrafen ist ferner, wer
1. in den Fällen des Abs. 1, Abs. 1a, Abs. 2 erster Fall, Abs. 2a in Verbindung mit Abs. 2 erster Fall, Abs. 3 und Abs. 3b eine Abbildung oder Darstellung einer mündigen minderjährigen Person nach Abs. 4 Z 3 oder 4 von sich selbst herstellt, besitzt, oder anderen zu deren eigenem Gebrauch anbietet, verschafft, überlässt, vorführt oder sonst zugänglich macht oder
2. eine Abbildung oder Darstellung einer unmündigen minderjährigen Person nach Abs. 4 von sich selbst besitzt."
3. In § 208a Abs. 1a werden die Wendung "oder 3a" durch die Wendung " , 3a oder 3b" und die Wendung "pornographische Darstellung (§ 207a Abs. 4)" durch die Wendung "Abbildung oder Darstellung nach § 207a Abs. 4" ersetzt.
§ 207a, der früher die Bezeichnung "Pornografische Darstellung Minderjähriger" trug, soll zum Schutz von Kindern und Jugendliche beitragen, indem verhindert wird, dass diese für die Darstellung sexueller Handlungen ausgenützt werden.
In Absatz 4 finden sich die Definitionen dafür, welche Abbildungen und Darstellungen von der Bestimmung erfasst sind. So handelt es sich einerseits um Abbildungen von geschlechtlichen Handlungen (siehe dazu § 202) an einer unmündigen Person, von dieser an sich selbst, an einer anderen Person oder mit einem Tier. Unmündig sind Personen bis zum Ende des 14. Lebensjahres. Weiters sind wirklichkeitsnahe Abbildungen umfasst, bei denen zwar nicht tatsächlich eine solche geschlechtliche Handlung stattgefunden haben muss, bei einer Gesamtbetrachtung aber doch dieser Eindruck entsteht. Darstellungen von geschlechtlichen Handlungen sowie wirklichkeitsnahe Abbildungen, die diesen Eindruck erwecken, stehen auch dann unter Strafe, wenn sie eine mündige Minderjährige Person betreffen (somit eine Person zwischen 14 und 18 Jahren), wenn es sich dabei um eine reißerisch verzerrte Abbildungen handelt, die primär der sexuellen Erregung jener Personen dienen, die die Abbildung betrachten. Das Gleiche gilt für Abbildungen von Genitalien und der Schamgegend von minderjährigen Personen (also Personen bis 18 Jahre). Schließlich sind auch bildliche Darstellungen mit einem der bisher erwähnten Inhalte erfasst, die entweder künstlich hergestellt wurden oder bei denen andere Darstellungen so verändert wurden, dass sie diesen Inhalt erhalten. Es muss sich aber um wirklichkeitsnahe Abbildungen handeln, weshalb z. B. Zeichentrickfilme hiervon nicht umfasst sind.
§ 207a stellt verschiedene Verhaltensweisen hinsichtlich dieser Abbildungen unter Strafe. So sieht Absatz 1 eine Strafbarkeit dann vor, wenn jemand in Absatz 4 definierte Abbildungen oder Darstellungen herstellt oder jemand anderem anbietet, verschafft, überlässt, vorführt oder auf anderer Weise zugänglich macht. Herstellung umfasst dabei nicht nur das unmittelbare Filmen oder Fotografieren, sondern auch andere für die Entstehung dieser Darstellung notwendigen Schritte, wie beispielsweise das Schneiden eines Films. Die Abbildungen an andere Personen weiterzugeben kann auf verschiedene Weisen geschehen, sowohl durch direkte Übergabe oder Vorführung als auch durch Bereitstellung im Internet. Handelt es sich bei den Darstellungen nicht nur um beispielsweise einzelne Bilder, sondern betrifft das verbotene Handeln viele Abbildungen, sieht Absatz 1a eine höhere Strafdrohung vor. Das ist ab einem Richtwert von 30 Abbildungen anzunehmen, wobei ein Bild ebenso als eine Abbildung gilt wie ein Film.
Absatz 2 sieht verschiedene Situationen vor, in denen die Herstellung oder Verbreitung der Abbildungen strenger bestraft wird, weil erschwerende Umstände hinzukommen. Das ist etwa dann der Fall, wenn Herstellung oder Verbreitung gewerbsmäßig betrieben werden, wenn also der:die Täter:in vereinfacht gesagt damit ein regelmäßiges Einkommen erzielen möchte. Auch dann, wenn die Tat im Rahmen einer organisierten kriminellen Struktur erfolgt, also eines längerfristigen Zusammenschlusses von mindestens drei Personen, der zur Begehung von schwerwiegenden Straftaten besteht, ist eine höhere Strafe vorgesehen. Schließlich ist das der Fall, wenn die Tat für das Opfer mit besonders schwerwiegenden Nachteilen verbunden ist, das Opfer bei der Herstellung der Darstellungen schwere Gewalt erleben muss oder sein Leben gefährdet ist.
Absatz 3 stellt demgegenüber unter Strafe, wenn jemand Abbildungen, wie sie in Absatz 4 beschrieben sind, sich selbst verschafft oder diese besitzt. Hierbei wird hinsichtlich des Strafrahmens unterschieden, ob es sich um Bilder von Personen unter 14 Jahren oder zwischen 14 und 18 Jahren handelt. Absatz 3a sieht eine Strafbarkeit vor, wenn jemand online wissentlich auf eine solche Abbildung zugreift. Nicht umfasst ist hier also das unbeabsichtigte Aufrufen einer solchen Darstellung. Verschafft sich bzw besitzt jemand eine Vielzahl dieser Abbildungen oder greift wissentlich online auf eine Vielzahl dieser Abbildungen zu, erhöht sich nach Absatz 3b die Strafdrohung. Auch hier ist wieder von einem Richtwert von 30 Abbildungen auszugehen. Eine höhere Strafdrohung gilt dann, wenn es sich um viele Darstellungen von Personen unter 14 Jahren handelt oder dieser Richtwert erst durch eine Zusammenzählung von Darstellungen von Personen unter 14 Jahren sowie zwischen 14 und 18 Jahren erreicht wird.
Die Absätze 5 und 6 sehen für bestimmte Fälle eine Straflosigkeit vor. Das betrifft einerseits das unter Jugendlichen verbreitete Sexting, andererseits sollen Personen nicht strafbar sein, wenn sie Abbildungen von sich selbst anfertigen. Straflos bleibt daher, wer eine entsprechende Abbildung einer Person zwischen 14 und 18 Jahren herstellt oder besitzt, wenn dies mit deren Einverständnis passiert. Außerdem sind jene Fälle erfasst, in denen eine rein künstlich oder durch Veränderung einer realen Abbildung hergestellte Darstellung einer Person zwischen 14 und 18 Jahren für den eigenen Gebrauch angefertigt wird, wenn nicht die Gefahr besteht, dass die Darstellung verbreitet werden könnte. Absatz 6 sieht eine Straflosigkeit vor, wenn Personen zwischen 14 und 18 Jahren entsprechende Abbildungen von sich selbst herstellen oder diese anderen Personen anbieten, weitergeben oder zeigen. Schließlich ist auch der Besitz einer solchen Abbildung straflos, wenn die Person diese vor ihrem 14. Geburtstag hergestellt hat, es sich somit um die Darstellung einer unmündigen Person handelt, sie inzwischen aber 14 Jahre oder älter ist. Besitzt sie die Abbildung weiterhin, macht sie sich dennoch nicht strafbar. Sie darf die Abbildung allerdings nicht weitergeben.
§ 207b StGB – Sexueller Missbrauch von Jugendlichen
§ 207b StGB idgF (RIS)
idF BGBl I 2015/112
§ 207b sieht einen erweiterten Schutz von Jugendlichen gegenüber Erwachsenen vor sexuellen Übergriffen vor. Es handelt sich somit um Personen, die das 14. Lebensjahr bereits vollendet haben, die aber entweder 15 oder 16 Jahre alt sind (Absatz 1) oder zwischen 15 und 18 Jahren sind (Absätze 2 und 3). Zusätzlich zum Alter müssen noch weitere Voraussetzungen vorliegen, damit es zu einer Strafbarkeit kommt. In jedem Fall muss der:die Täter:in ernsthaft für möglich halten und sich damit abfinden, dass die andere Person unter 16 bzw unter 18 Jahre alt ist.
So sieht Absatz 1 einen Schutz für Personen bis zum Ende des 16. Lebensjahres vor, wenn diese aus bestimmten Gründen noch nicht reif genug sind, die Bedeutung der sexuellen Handlung verstehen zu können und sich dementsprechend zu verhalten. Es handelt sich somit um eine Form von verzögerter Reife, diese muss auch im Zuge des Gerichtsverfahrens festgestellt werden. Es geht aber nicht um Personen, die aufgrund einer psychischen Erkrankung die Bedeutung des sexuellen Kontaktes nicht verstehen können. Diese Personen werden durch § 205 geschützt. Zusätzlich zu dieser Voraussetzung muss der:die Täter:in für eine Strafbarkeit nach § 207b eine altersbedingte Überlegenheit ausnützen, so dass er:sie in der Regel um einiges älter und reifer sein muss als das Opfer.
Bei Absatz 2 geht es um den Schutz von Personen bis 18 Jahren, die sich in einer Zwangslage befinden und es deswegen zu dem sexuellen Kontakt kommt. Eine solche Zwangslage beschreibt eine Situation, in der die jugendliche Person mit großen Nachteilen für sich selbst oder eine ihr nahestehende Person rechnen muss, wenn es nicht zu der sexuellen Handlung kommt. Hierbei kann es sich um eine schwere wirtschaftliche Notlage handeln, erfasst sind aber auch andere Nachteile. Hier geht es vor allem um den Schutz von jugendlichen Personen, die drogensüchtig, obdachlos oder von ihrem Elternhaus weggelaufen sind und sich deswegen in einer Notlage befinden.
Schließlich sieht Absatz 3 eine Strafbarkeit in jenen Fällen vor, in denen einer Person, die noch nicht 18 Jahre alt ist, für den sexuellen Kontakt Geld oder eine vergleichbare Leistung angeboten und das Opfer damit zu der Handlung verleitet wird. Wichtig ist hier, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen der sexuellen Handlung und dem Entgelt geben muss. So ist etwa eine Einladung zu einem Essen, in deren weiterer Folge es zu einem sexuellen Kontakt kommt, in aller Regel nicht ausreichend für eine Strafbarkeit.
Unter Strafe steht jeweils, wenn der:die Täter:in an dem jugendlichen Opfer eine geschlechtliche Handlung vornimmt (siehe § 202), durch den:die Jugendliche an sich selbst vornehmen lässt, das Opfer dazu verleitet, eine solche Handlung an einer anderen Person vorzunehmen oder das Opfer dazu verleitet, dass es eine solche Handlung durch eine andere Person an sich selbst vornehmen lässt.
§ 208 StGB – Sittliche Gefährdung von Personen unter sechzehn Jahren
§ 208 StGB idgF (RIS)
idF BGBl I 2015/112
Durch § 208 sollen junge Menschen davor geschützt werden, sexuelle Handlungen anderer Personen sehen zu müssen, wodurch sie in ihrer gesunden Entwicklung gestört werden könnten. Das Opfer ist somit an den Handlungen selbst nicht beteiligt, diese finden aber vor seinen Augen statt, wobei es gerade darum geht, dass dadurch der:die Täter:in oder eine andere Person sexuell erregt werden soll.
Geschützt werden einerseits unmündige Personen (somit Kinder und Jugendliche bis 14 Jahre) unabhängig von ihrer Beziehung zum:zur Täter:in. Andererseits werden auch Personen bis 16 Jahre geschützt, wenn sie unter der Erziehung, Ausbildung oder Aufsicht des:der Täter:in stehen. In diesen Fällen kommt es daher auf die konkrete Beziehung von Täter:in und Opfer an. Es kann sich hierbei um ein Elternteil, ein:e Lehrer:in oder Ausbildner:in, eine:n Leiter:in einer Jugendgruppe und ähnliche Personen handeln. Nur Absatz 1 erfasst auch diese Situationen, während die Absätze 2, 3 und 4 nur Personen bis 14 Jahre schützen.
Unter Strafe gestellt werden generell Handlungen, die geeignet sind, die sittliche, seelische oder gesundheitliche Entwicklung des Opfers zu gefährden. Entscheidend ist, dass das Opfer nicht unmittelbar in diese Handlungen involviert ist, sie aber wahrnehmen kann. Oftmals geht es um Handlungen, die einen sexuellen Bezug haben, bspw wenn sich der:die Täter:in vor dem Opfer entblößt, masturbiert oder dem Opfer pornographische Bilder oder Videos zeigt. Es kann sich aber auch um Verhaltensweisen handeln, die keinen sexuellen Bezug haben, sondern bspw aufgrund ihrer besonderen Brutalität die Entwicklung des Opfers gefährden. Eine Strafbarkeit nach Absatz 1 scheidet dann aus, wenn aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls eine Gefährdung nicht möglich ist. Das ist bspw bei einem Säugling der Fall, dem die Bedeutung der Handlung in keiner Form bewusst sein kann.
Die Absätze 2 und 3 führen konkrete Verhaltensweisen an, die zu einer Strafbarkeit führen, wenn sie durch eine Person unter 14 Jahren wahrgenommen werden können. Einerseits handelt es sich dabei um geschlechtliche Handlungen (siehe § 202), andererseits um strafbare Handlungen nach §§ 201 bis 207 bzw 207b, somit bspw um die Wahrnehmung einer Vergewaltigung oder einer geschlechtlichen Nötigung. Dadurch, dass die unmündige Person die Handlung wahrnimmt, will der:die Täter:in sich oder eine andere Person sexuell erregen.
Ist der:die Täter:in nicht mehr als vier Jahre älter als das Opfer und ist das Opfer mindestens 12 Jahre alt, kommt es nicht zu einer Strafbarkeit aufgrund der Absätze 1 und 2. Hingegen ist der:die Täter:in auch in diesen Fällen strafbar, wenn das Opfer eine der angeführten strafbaren Handlungen, also bspw eine Vergewaltigung, wahrnimmt.
§ 208a StGB – Anbahnung von Sexualkontakten zu Unmündigen
§ 208a StGB idgF (RIS)
idF BGBl I 2015/112
§ 208a stellt das sogenannte "grooming" unter Strafe, also die Kontaktaufnahme mit einer Person unter 14 Jahren zur Vorbereitung eines sexuellen Übergriffs (wobei hier die §§ 201 bis 207a Abs 1 Z 1 ausdrücklich genannt werden). Der:die Täter:in muss daher bspw einen (schweren) sexuellen Missbrauch einer unmündigen Person planen.
Konkret muss der:die Täter:in zwei Handlungen setzen: einerseits muss ein persönliches Treffen mit dem Opfer vorgeschlagen oder vereinbart werden. Das kann (nach Absatz 1) entweder elektronisch, beispielsweise durch Kontakt in Online-Chatforen oder mit einer über das Handy gesendeten Nachricht, erfolgen oder auf anderem Weg, wie z. B. durch eine persönliche Kontaktaufnahme oder in einem Brief. In diesem Fall muss der:die Täter:in über die eigenen Absichten täuschen, z. B. in dem vorgegeben wird, ein:e Freund:in der Eltern des Opfers zu sein, obwohl das nicht stimmt, um das Vertrauen des Opfers zu gewinnen. Zusätzlich zu der Vereinbarung des Treffens muss der:die Täter:in auch eine konkrete Vorbereitungshandlung für das Zustandekommen dieses Treffens setzen. Das kann bspw der Kauf einer Fahrkarte zum Treffpunkt oder die Übermittlung von Informationen zur genauen Lage des Treffpunkts an das Opfer sein. Absatz 1a stellt unter Strafe, wenn jemand mit einer Person unter 14 Jahren Kontakt aufnimmt (entweder elektronisch oder über das Internet), um von dieser Person kinderpornografische Darstellungen zu erhalten.
Nach Absatz 2 besteht die Möglichkeit, durch tätige Reue einer Strafbarkeit zu entgehen. Das ist dann der Fall, wenn der:die Täter:in freiwillig und bevor die Strafverfolgungsbehörden (also bspw die Polizei oder die Staatsanwaltschaft) über das Verhalten Bescheid wissen, das Vorhaben aufgibt und eine Selbstanzeige macht. Dadurch soll die Möglichkeit bestehen, dass die Behörde den:die Täter:in über spezielle Hilfsangebote in diesem Bereich informieren kann.
§ 212 StGB - Mißbrauch eines Autoritätsverhältnisses
§ 212 StGB idgF (RIS)
idF BGBl I 2017/117
Diese Vorschrift soll davor schützen, dass Personen im Rahmen von Beziehungen, die von besonderem Vertrauen geprägt sein sollen, zu Opfern sexueller Übergriffe werden. Einerseits stehen hier familiäre Beziehungen im Fokus (z. B. zwischen Eltern und Kindern), andererseits Ausbildungssituationen, in denen das jugendliche Opfer beispielsweise einem Lehrer untersteht. Darüber hinaus zielt § 212 aber auch auf Situationen ab, in denen sich Personen (unabhängig von ihrem Altern, also auch erwachsene Menschen) in einer besonders verletzlichen Position befinden, z. B. als Patientin in einem Krankenhaus oder als Gefangener in einer Justizanstalt. In manchen Fällen kommt es auf das Alter des Opfers an (Absatz 1), in jedem Fall ist aber die besondere Beziehung zwischen Täter:in und Opfer von Bedeutung. Unter Strafe stehen geschlechtliche Handlungen (siehe § 202), die der:die Täter:in am Opfer vornimmt, an sich vornehmen lässt oder das Opfer dazu verleitet, damit der:die Täter:in oder eine andere Person dadurch sexuell erreicht oder befriedigt wird. Absatz 3 sieht für die Vornahme einer sexuellen Belästigung nach § 218 Abs 1a in einer der beschriebenen Beziehungen eine niedrigere Strafdrohung vor als für eine geschlechtliche Handlung.
In Absatz 1 werden einerseits Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre vor Übergriffen innerhalb der eigenen Familie oder von für sie verantwortlichen Personen geschützt. Als Täter:innen kommen daher die Eltern und Großeltern in Frage, aber auch Stief- und Wahleltern oder Lebensgefährt:innen eines Elternteils. Außerdem umfasst Absatz 1 Personen, die gegenüber der minderjährigen Person erziehungs- oder aufsichtspflichtig sind. Entscheidend ist hier, dass es zwischen Opfer und Täter:in ein Schutzverhältnis gibt, dass also der:die Täter:in zumindest zeitweise für das Opfer verantwortlich ist und dieses beaufsichtigt. Es kann sich dabei um ein:e Lehrer:in handeln, eine:n Ausbildner:in, eine:n Arbeitergeber:in oder den:die Leiter:in einer Jugendgruppe. Aufgrund dieser besonderen Beziehung kann der:die Täter:in dem Opfer gegenüber in gewisser Weise Macht ausüben. Es muss sich nicht um eine dauerhafte Beziehung dieser Art handeln, Täter:in kann auch sein, wer im Rahmen eines Spaziergangs oder eines Besuches im Freibad auf ein Kind aufpasst.
Absatz 2 stellt demgegenüber nicht auf ein privates Verhältnis ab, sondern richtet sich an das Verhalten bestimmter Berufsgruppen jenen Personen gegenüber, die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit betreuen. So geht es einerseits um Angehörige gesetzliche geregelter Gesundheitsberufe, also beispielsweise Ärzt:innen, klinische und Gesundheitspsycholog:innen, Psychotherapeut:innen, Pflegekräfte, Physiotherapeut:innen, Hebammen, Angehörige des Sanitätsdienstes und ähnliche Berufe. Außerdem sind Seelsorger:innen erfasst. Hierbei handelt es sich um Personen, die in Religionsgemeinschaften Gläubige betreuen. Außerdem umfasst Absatz 2 Personen, die in einer Erziehungsanstalt arbeiten, im Bezug auf jene Personen, die in der Anstalt betreut werden. Sie müssen in irgendeiner Form erzieherische Aufgaben ausüben. Stellt die Einrichtung nur die Unterkunft zur Verfügung, besteht aber kein erzieherisches Verhältnis zwischen Täter:in und Opfer, ist § 212 nicht anzuwenden. Ziffer 3 stellt schließlich Beamt:innen unter Strafe, die die beschriebenen Handlungen an Personen begehen, die ihrer Obhut unterstehen. Beispielsweise handelt es sich hier um Personen, die in einer Polizeiinspektion angehalten werden oder im Gefängnis sitzen. In allen Fällen muss der:die Täter:in die berufsbedingte Stellung ausnützen, erst dadurch kommt es zu dem sexuellen Kontakt. Erfolgt dieser hingegen vollkommen freiwillig (und sind beide Personen alt genug), kommt es nicht zu einer Strafbarkeit.
§ 220b StGB – Tätigkeitsverbot
(1) Hat der Täter zum Nachteil einer minderjährigen Person eine vorsätzlich begangene, mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohte strafbare Handlung gegen Leib und Leben oder die Freiheit oder eine strafbare Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung begangen, so ist ihm für unbestimmte Zeit die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder sonstigen Tätigkeit in einem Verein oder einer anderen Einrichtung, welche die Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung Minderjähriger oder sonst intensive Kontakte mit Minderjährigen einschließt, und vergleichbarer Tätigkeiten zu untersagen, sofern die Gefahr besteht, dass er sonst unter Ausnützung einer ihm durch eine solche Tätigkeit gebotenen Gelegenheit eine weitere derartige strafbare Handlung begehen werde.
(2) Hat der Täter eine strafbare Handlung nach Abs. 1 zum Nachteil einer wegen Gebrechlichkeit, Krankheit oder einer geistigen Behinderung wehrlosen Person begangen, so ist ihm für unbestimmte Zeit die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder sonstigen Tätigkeit in einem Verein oder einer anderen Einrichtung, welche die Betreuung solcher wehrlosen Personen oder sonst intensive Kontakte mit solchen wehrlosen Personen einschließt, und vergleichbarer Tätigkeiten zu untersagen, sofern die Gefahr besteht, dass er sonst unter Ausnützung einer ihm durch eine solche Tätigkeit gebotenen Gelegenheit eine weitere derartige strafbare Handlung begehen werde.
(3) Das Tätigkeitsverbot beginnt mit Rechtskraft der Entscheidung, mit der das Verbot ausgesprochen wird. Das Gericht hat mindestens alle fünf Jahre zu überprüfen, ob die Gefahr, wegen der das Tätigkeitsverbot verhängt wurde, noch besteht. Wenn nachträglich Umstände eintreten oder bekannt werden, bei deren Vorliegen im Zeitpunkt des Urteils kein Tätigkeitsverbot ausgesprochen worden wäre, hat das Gericht das Tätigkeitsverbot aufzuheben.
(4) Wer einer Tätigkeit nachgeht, obwohl ihm deren Ausübung nach den vorstehenden Bestimmungen untersagt wurde, ist mit Freiheits¬strafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.
§ 220b sieht nicht primär die Strafbarkeit für ein bestimmtes Verhalten vor, sondern zielt darauf ab, künftige strafbare Handlungen zu verhindern, indem einschlägig vorbestraften Personen die Möglichkeiten für weitere Taten genommen werden. Das soll erreicht werden, indem diese Personen nicht mehr in Einrichtungen und Organisationen arbeiten oder tätig sein dürfen, im Rahmen derer sie in Kontakt mit schutzbedürftigen Personen kommen. Früher war es notwendig, dass die Person zum Tatzeitpunkt einer entsprechenden Tätigkeit nachgegangen ist. Zur Ausdehnung des Opferschutzes wurde diese Anforderung aber gestrichen.
Anlass für ein solches Tätigkeitsverbot ist nach Absatz 1 eine vorsätzliche strafbare Handlung, die mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist und bei der eine minderjährige Person Opfer eines Delikts gegen Leib und Leben, die Freiheit oder eines Sexualdelikts geworden ist. Untersagt wird in weiterer Folge die Erwerbstätigkeit oder sonstige Tätigkeit in einem Verein oder einer anderen Einrichtung, die einen intensiven Kontakt mit minderjährigen Personen einschließt, etwa in Form von Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung.
Nach Absatz 2 besteht Anlass für ein Tätigkeitsverbot, wenn der:die Täter:in eine solche vorsätzliche strafbare Handlung begangen hat und dadurch eine wegen Gebrechlichkeit, Krankheit oder geistiger Behinderung wehrlose Person zum Opfer geworden ist (zu den Begriffen siehe § 107b bzw § 205). In diesen Fällen darf der:die Täter:in künftig nicht mehr einer Tätigkeit in Vereinen oder anderen Einrichtungen nachgehen, die die Betreuung wehrloser Personen oder sonst intensiven Kontakt mit diesen Personen beinhaltet.
In beiden Fällen darf ein solches Tätigkeitsverbot aber nur dann ausgesprochen werden, wenn anzunehmen ist, dass es notwendig ist, weil es sonst zu derartigen Straftaten kommen würde, da der:die Täter:in die eigene Stellung hierfür ausnützen würde. Diese Gefahr muss mit hoher Wahrscheinlichkeit bestehen, es reicht nicht aus, dass das nur grundsätzlich möglich wäre. Das Verbot wird auf unbestimmte Zeit angeordnet, es muss aber regelmäßig überprüft werden, ob die zuvor beschriebene Gefahr weiterhin besteht. Ist das nicht der Fall, ist das Verbot aufzuheben. Außerdem muss es aufgehoben werden, wenn nachträglich Umstände eintreten oder bekannt werden, die, wenn sie schon im Entscheidungszeitpunkt vorgelegen hätten, dazu geführt hätten, dass kein solches Verbot ausgesprochen worden wäre. Absatz 4 sieht schließlich eine Strafe für jene Personen vor, die trotz eines aufrechten Verbots einer entsprechenden Tätigkeit nachgehen.