B. erzählt, wie er zur Männerberatung kam – …. nicht als Klient sondern als Berater
Männer… zerrissen zwischen den Erwartungen der modernen Frau und dem traditionellen Männerbild… vom "Macho-Macho" zum "Latzhosen-Softie" und retour… und wann endlich wirklich ICH Selbst ??? Diese autobiografische Geschichte handelt von einem Babyboomer, der seine teilweise schmerzhaften Erfahrungen am Weg vom "Mann-Werden zum Mann-Sein" verinnerlicht und in seinen eigenen Worten beschreibt. Schlussendlich berät er heute Burschen der Generation Alpha bis hin zu "Traditionels" im hohen Alter und unterstützt sie auf ihrem individuellen Weg zum inneren Frieden zu finden.
Autor: Mag. Dr. Bernd Naprudnik, BSc, Praktikant bei der Beratungsstelle Männerwelten Salzburg, Jugend am Werk Salzburg; Sport-Trainingswissenschafter, Psychosozialer- und Sozioökonomischer Krisen- und Katastrophenmanager, psychosozialer Berater, Unternehmer … Sohn, Bruder und Vater
Thema September 2024
Wie kommt man dazu, sich als Berater für Männer einzusetzen bzw. sich für Männer zu engagieren? Männer brauchen doch keine Beratung. Männer brauchen doch keine Hilfe. Frauen und Kinder sind doch die Schwachen. Und Männer … na ja, die sind halt dafür da, dass es den Frauen und Kindern gut geht. Das ist doch die Aufgabe von Männern…
Alles abzusichern, Alles zu ermöglichen, Alles zu gestalten…. Wir Männer, sind Gestalter, wir sind Macher… sind wir das nicht… sind wir Looser…
Nicht als Kind, nicht als Jugendlicher… nein, da musste B. das noch nicht sein, ok… von seinem Vater vielleicht schon manchmal gefordert… aber von seiner Mutter? Verwöhnt, umhätschelt und wunderbar (über)versorgt – und unsere Mütter haben doch die meiste Zeit mit uns Kindern verbracht und uns sozusagen sozialisiert - neben vielen anderen Frauen wie beispielsweise in Schule, Kindergarten etc.
Vater, Großvater, Onkel und Fußballfreunde sagen das eine… und Mama, ihre Freundinnen, Tanten und Lehrerinnen sagen das Andere. Was soll man nun als junger Bursche noch glauben können.
Schnell wird einem klar, hoppla da gibt es vielleicht doch zwei "Welten". Und schwupps… passe ich mich an. Das ist die eine – die Mama Welt und das ist die andere… die Papa-Welt. Aber was ist nun eigentlich meine Welt????
Meine Welt interessiert doch eigentlich nicht wirklich jemand oder?
Der Vater von B. hatte mit seiner Rolle als "Familienoberhaupt" mit Sicherheit zu kämpfen. Er war streng und unbarmherzig… genauso wie man es sich von einem Familienoberhaupt vorstellte. Und gleichzeitig war er von seiner Frau "abhängig". Die Mutter von B. war sozusagen das intrinsische Oberhaupt… und das bekam B. natürlich auch mit und wusste: Wenn`s der Frau gut geht, dann geht’s auch dem Mann gut… welch einfaches Prinzip: "Happy wife – happy life"
Also begann B. sein Leben nach den Bedürfnissen der Frauen auszurichten. Er war sozusagen ein "Frauenversteher" und damit in gewissen Maßen auch ein "womanizer"… er eroberte ein Herz nach dem anderen und in gewisser Weise erfuhr er, dass er damit auch die Frauen regelrecht "manipulieren" konnte. Doch….Beziehungsprobleme am laufenden Band waren die logischen Konsequenzen. Konfliktlösungsstrategien mussten her… am besten jene von der ETH Zürich oder von St. Gallen… die Schweizer wissen ja was sie tun…sie hatten für alles eine Lösung. Und Lösungen waren stets das Ziel… dass Prozesse bereits Lösungen sein könnten… Nein…Zahlen, Daten und Fakten (am besten evidenzbasierte) mussten es sein.
Inzwischen war B. verheiratet und hatte in weiterer Folge auch eine Tochter… weil im sicheren Hafen der Ehe und Familie angekommen … dann wird sicherlich alles anders… Autsch…. Ok, Ja, es wurde anders. Nämlich noch viel schlimmer. B. und seine Frau haben sich noch mehr "entfernt" und nur noch übers Kind kommuniziert.
Und genau, das war das Problem… sie haben nicht miteinander kommuniziert. Mehrere Paartherapeuten wurden verschlissen, nichts hat wirklich geholfen, bis schließlich der letzte Therapeut B. und seine Frau "feuerte" … wegen chronischer Beratungsresistenz.
Die Hoffnung, dass vielleicht diese paradoxe Intervention eine Veränderung bewirken hätte können, blieb ebenfalls aus, genauso wie viele weiteren laienhafte Versuche die zerrüttete Ehe zu retten.
Wie schnell es auch zu unterschiedlichen Formen von Vorstufen der Gewalt kommt, ist einem jungen Menschen vielleicht gar nicht wirklich bewusst… und genau diese subtilen Formen von Gewalt als "Eskalationen" sind schlussendlich zu viel, damit sich ein "fruchtbarer Beziehungsboden" bilden kann.
Scheidung… Verlust, Trauer, Vorwürfe, Ablenkung, Alles wird NEU… nichts wird NEU… vieles wiederholt sich. Die tollen Ratgeber meinen: "Nur wer liebt und lieben kann, der wird auch Liebe erfahren". Und das wollen wir doch alle. Liebe und Anerkennung. Nur was heißt "Liebe". Und welcher Mann spricht über Liebe unter seinesgleichen? …Ok, vielleicht über Sex mit "macho-mäßiger Prägung … aber Liebe? Mit wem spricht "Mann" überhaupt bzw. welchem Mann gegenüber kann "Mann" sich öffnen. Angeblich hat nur jeder fünfte Mann einen besten Freund, mit dem er über alles reden kann. Was machen denn dann die restlichen vier von fünf?
Na ja… "Mann sein" halt: Einen saufen, exzessiven Sportkonsum, Arbeiten bis Mitternacht oder ins Buff… also kurz zusammengefasst jeglichen Formen von Süchten zu frönen und wunderbar "davonzulaufen"?
Alles hat B. zum Glück nicht durchgemacht, aber doch einiges. Doch irgendwann, als der "Schmerz" zu groß wurde, die Emotionen nach wie vor nicht wahrgenommen wurden und das wahre Selbst beinahe vollständig verkümmert war, hat sich doch noch eine Tür für B. aufgetan.
Er hatte das Riesenglück eine Therapeutin zu finden und eine Frau als Partnerin, die seine Augen öffneten um eine andere, eine neue Richtung einzuschlagen. Die Beschäftigung mit gefühls-und bedürfnisorientierter gewaltfreien Kommunikation, die Hinwendung zu vermehrter Dankbarkeit und dem Integrieren von ethischen Grundsätzen in sein Leben waren sicherlich zentrale Bausteine. Es war für B. ein dorniger Weg, ein dürrer und steiniger. Schlussendlich kam er im Rahmen einer Familienaufstellung zur Erkenntnis sich doch endlich auch mal ein bisschen mehr mit Männern zu beschäftigen als mit dem weiblichen Geschlecht. Es hatte fast neun Jahre gedauert, dass B. dies in die Tat umgesetzt hatte. Sein Anspruch in der sechsten Dekade seines Lebens besteht nun nicht mehr ausschließlich den Bedürfnissen seiner Mutter, Schwester, Partnerin zu entsprechen um "happy" zu sein, sondern einer Art "persönlichen Auftrag" zu folgen.
Dieser lautet: "Trage dazu bei, diese Welt ein Stück sicherer und somit besser zu machen, dem zerstörerischen hegemonialen System und damit dem veralteten Männerbild zu entgegnen." Anpassung ist wichtig um zu überleben. Die persönliche Indivituation zu leben, ist aber genauso wichtig für ein erfülltes Leben. Es bringt uns Männern nämlich genau gar nichts, wenn wir "everybodys darling" sein wollen.
Der Anspruch von B. ist, dass es uns Männern in unserer "neuen" Rolle, als gleichwertiger und gleichgestellter Mensch und verantwortungsvolles Wesen auf dieser Welt, besser und besser geht, damit es uns allen besser geht… darum ist B. heute in der Männerberatung.